Interview mit Dr. med. Christoffer Krug zum Thema: "Besonderheiten der MCT8 Kinder und deren Versorgung"
Interviewer: Guten Tag Herr Dr. Krug. Sie sind Facharzt für Kinder-, Jugend- und Notfallmedizin und engagieren sich als Beirat des Vereines MCT8 Forschung fuer die am AHDS erkrankten Kinder. Was hat Sie dahin gefuehrt, sich mit einer so seltenen Erkrankung zu befassen?
Dr. Krug: Ich betreue in meiner Praxis ein Kind mit dem Allan Herndon Dudley Syndrom. Das ist ein recht seltenes Syndrom. Bei einer Haeufigkeit von 300-350 Faellen, die dokumentiert sind auf der Welt, stellt das schon eine Besonderheit dar. Dadurch habe ich mich sehr intensiv mit der Erkrankung beschaeftigt. Es ist so, dass chronisch kranke oder behinderte Kinder mit dem Kinderarzt eine sehr intensive Beziehung aufbauen, auch mit den Eltern, weil man sich sehr haeufig sieht, und die Kinder eben leider haeufiger schwer krank sind, so dass das ein intensives Zusammenarbeiten darstellt.
Interviewer: Herr Dr. Krug, Sie sind auch Buchautor, haben kuerzlich ein Kinderbuch verfasst. Darin wird deutlich, dass Sie ein ganz besonderes Gespuer fuer Menschen haben und einen sehr sensiblen Blick fuer die Situation Ihrer Patienten. Was ist besonders an der Situation der Kinder mit MCT8 Gendefekten?
Dr. Krug: Der Besuch beim Kinderarzt stellt fuer jedes kranke Kind, schon aus meiner Sicht, eine Ausnahmesituation dar. Das Kind ist in einer ungewohnten Umgebung, es braucht den Schutz der Eltern, weiss aber nicht, ob es vielleicht durch unangenehme oder schmerzhafte Untersuchungen sich fuehrchten muss. Das erfordert an sich schon Einfuehlungsvermoegen oder einen gewissen Perspektivenwechsel zum Kind. Schwerbehinderte Kinder oder besonders Kinder mit dem MCT8 Syndrom haben keine sprachlichen Kommunikationsmoeglichkeiten in unserem Versataendnis. Das macht es zu einer besonderen Herausforderung, sich um diese Kinder zu kuemmern, denn Schmerzaeusserungen oder andere Aeusserungen sind sehr schwierig bei den Kindern abzulesen. Man braucht ein starkes Team mit den Eltern, die in der Regel Experten ihrer Kinder sind fuer die unterschiedlichen Befindlichkeiten, um dem Kind nahe zu kommen. Das muss auf Augenhoehe passieren mit viel Zeit und Einfuehlungsvermoegen. Es stellt auch eine besondere Herausforderung dar, sich um schwerbehinderte Kinder in Notfallsituationen gut zu kuemmern. Das tritt leider sehr haeufig auf, weil die Erkrankung oft zu einer schnellen Verschlechterung fuehren kann. Und aus meiner Sicht ist es da auch wieder wichtig in der Betreuung des routinemaesigen Abarbeitens der Notfallsituation, dem Beruhigen der Eltern, dem erklaeren der Ablaeufe, das notfallmaessig kranke Kind, nicht aus dem Mittelpunkt zu verlieren.
Interviewer: Gibt es auch einen kleinen Lichtblick?
Dr. Krug: Die Verlaeufe beim MCT8 Defekt sind sehr unterschiedlich. An sich machen die Kinder sehr kleine Schritte in der Entwicklung. Es gibt beschriebene Faelle in denen motorische Entwicklung bishin zum Hochziehen oder besseren Sitzkontrolle aufgetreten sind. Die Kinder brauchen eine intensive Foerderung, die in der Regel auf ein groesseres Versorgungsnetz zurueckzufuehren ist, Ergotherapeuten, Logopaedie, Physiotherapeuten, Neuropaediater, auch das Palliativteam steckt haeufig in der Behandlung des Kindes mit drin. Und hier koennen durch gute Forderung kleine Fortschritte erreicht werden, die dazu fuehren, dass das Kind ein kleines Stueck mehr Selbstbestimmtheit, oder auch Kommunikationsmoeglicheiten erlernt, um ein zufriedenes, gutes Leben zu fuehren, und wenig Schmerzen zu haben.
Interviewer: Herr Dr. Krug, der MCT8 Forschung Verein setzt sich ein fuer bessere Therapiemoeglichkeiten fuer Kinder mit AHDS Syndrom. Was wuerden Sie sich fuer die Kinder vor allem wuenschen?
Dr. Krug: Ich wuensche mir natuerlich auch, dass die Forschung zum MCT8 Defekt vorangetrieben werden kann, oder gefordert wird, um hier neue Wege, Therapiemoeglichkeiten vielleicht aufzutun, um das Leiden der Kinder zu lindern. Dass wir gerade im Bereich der unterstuetzten Kommunikation, den Kindern mehr Kommunikationsmoeglichkeiten zur Verfuegung stellen, um ihnen mehr Lebensqualitaet bieten zu koennen.
Interviewer: Wir danken Ihnen ganz herzlich fuer das Gespraech und tragen Ihre Hoffnung mit, dass die Medizin bald soweit ist, den MCT8 Kindern zu helfen.